Der Glaube der Menschen an die Allmacht der Technik wurde mit den Super-GAUs in Fukushima und Tschernobyl dramatisch bestraft
Vor fünf Jahren explodierten vier Reaktorblöcke der Atomzentrale in Fukushima, vor 30 Jahren der vierte Block der Atomzentrale in Tschernobyl. In beiden Fällen sei die Dummheit der Menschen, die blind und naiv auf die Allmacht der Technik setzten, dramatisch bestraft worden, kritisiert Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands. Michael Müller:
Der GAU von Fukushima hat die große Lüge beendet, dass ein solcher Unfall in hoch entwickelten Industriestaaten nicht möglich sei. Die Gefahren der Atomenergie entstehen nicht etwa nur durch marode Schrottreaktoren. Prinzipiell sind durch unerwartete Ereignisse oder durch die Unvollkommenheit der Menschen größtmögliche Unfälle immer denkbar.
Aus beherrschbaren technischen Risiken werden unbeherrschbare Gefahren
Fukushima hat gezeigt, dass aus beherrschbaren technischen Risiken unbeherrschbare Gefahren werden. Das ist der Konflikt der zwei Modernen: der absolute Glaube an den technischen Fortschritt mit stetiger Vorwärtsbewegung der Gesellschaft gegen eine reflexive Modernisierung, die von der Zukunft ausgeht und nachhaltig ist.
Fukushima steht aber auch für die Unfähigkeit zu lernen. Denn legte die japanische Regierung nach dem GAU erst alle japanischen Atomkraftwerke still, werden die AKWs jetzt wieder angefahren. Zudem wird nach der Pariser Klimakonferenz nun auch der Klimaschutz missbraucht, um die Atomenergie neu zu legitimieren.
Der GAU von Tschernobyl hingegen war die Folge eines leichtfertigen Belastungstest, der eine unkontrollierte Kettenreaktion auslöste. Hunderttausende Menschen waren und sind davon betroffen, eine ganze Region ist auf lange Zeit unbewohnbar geworden. Ein Großteil des ukrainischen Staatshaushalts geht in die Bewältigung der Folgelasten.
Es gibt ein ethisches und moralisches Vakuum im Umgang mit der Atomspaltung
Tschernobyl wurde nicht zum Anlass genommen, die Lüge von der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu beenden. Nach den beiden militärischen Super-GAUs in Hiroshima und Nagasaki kam es zu zwei zivilen Super-GAUs. Und die Ursache war immer ein ethisches und moralisches Vakuum im Umgang mit der Atomspaltung und damit der Radioaktivität.
Tschernobyl hat die Energiepolitik verändert, doch bis heute ist die Tragweite nicht wirklich begriffen worden. Der Widerspruch zwischen dem Wissen über die unkalkulierbaren und schrecklichen Gefahren der Atomspaltung und dem tatsächlichen Handeln prägt mehr denn je das menschliche Tun.
Die Konsequenz, die wir aus Tschernobyl und Fukushima zu ziehen haben, ist die sozialökologische Transformation, zu der vor allem eine Energiewende gehört. Diese Energiewende ist die Verbindung von Einsparen, Effizienzrevolution und erneuerbaren Energien, die umfassend nur möglich werden, wenn es zu einer grundlegenden Neuordnung in Richtung auf Energievermeidung, Dezentralität und mehr Demokratie kommt.
NaturFreunde treten bereits seit 1953 für den zivilen und militärischen Atomausstieg ein
Die NaturFreunde Deutschlands treten bereits seit dem Jahr 1953 für den Ausstieg aus der zivilen und militärischen Nutzung der Atomkraft ein. Fortschritt heißt für uns, die Verträglichkeit unserer Wirtschafts- und Lebensweisen mit der Natur wieder herzustellen sowie eine nachhaltige Entwicklung einzuschlagen, die die Dauerhaftigkeit des Lebens in den Mittelpunkt stellt.
Die NaturFreunde Deutschlands danken der Antiatombewegung, dass sie dafür eintritt. Der Satz von Albert Einstein darf nicht länger stimmen, dass die Menschheit mit der Atomkraft in ein neues Jahrhundert eingetreten ist, in ihren Denkweisen aber noch in der alten Zeit verbleibt.
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