Interview mit Ursa Faal (Tourismusmagazin My Gambia) über respektvolles Reisen
Die NaturFreunde Deutschlands und die NaturFreunde Internationale haben seit mehreren Jahren enge Verbindungen mit Organisationen in Gambia. Das kleine westafrikanische Land generiert circa 20 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes durch den Tourismussektor – vorrangig durch Pauschaltourismus. Diese Art von Tourismus ist wenig nachhaltig und meist nicht kultursensibel. Die Koordinatorin des NaturFreunde-Projektes „Global unterwegs“, Rita Trautmann, sprach mit Ursa Faal vom Tourismusmagazin "My Gambia", was es bedeutet, respektvoll in Gambia zu reisen.
Ursa, du koordinierst das Tourismus-Online-Magazin "My Gambia". Was ist das für ein Magazin?
Ursa Faal: Wir sind ein internationales, multikulturelles und mehrsprachiges Team von Personen, die in Gambia leben und viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Tourismus, Marketing und Medienproduktion haben. Unser Ziel ist es, dass Gambia ein ganzjährig bekanntes Reiseziel für Reisende und Geschäftsleute wird. Wir erstellen ein Online-Magazin, My Gambia, mit über 40 Artikeln pro Monat über Gambia mit aktuellen Informationen über Orte, Veranstaltungen und Angebote.
Mit über 56.000 Followern auf Facebook und einer großen Fangemeinde auf anderen sozialen Medien und Kanälen üben wir Einfluss aus und zeigen Trends in der Tourismusbranche auf. Wir haben eine Plattform geschaffen, auf der jede*r Tourismusanbieter*in seine oder ihre Dienstleistungen anbieten kann und jede*r Reisende ihre oder seine Wahl findet. Und jetzt wollen wir unsere Dienstleistungen erweitern, indem wir mit Unterkunftsanbietern zusammenarbeiten, damit die Reisenden ihre Urlaubsplanung unter einem Dach abschließen können.
Wie wichtig ist nachhaltiger Tourismus für dich?
Nachhaltiger Tourismus spielt in der Branche eine wichtige Rolle vor allem für die Zukunft, und wir wollen ihn mit allen unseren Mitteln fördern. Er ist auch einer der wichtigsten Faktoren für die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen, die in den bereisten Ländern leben. Beispielhaft für nachhaltigen Tourismus in Gambia möchte ich den Baumwollpfad nennen und die Wanderwege in Janjanbureh von der Organisation JustAct.
Was bedeutet respektvolles Reisen für dich?
In erster Linie ist es für mich ein Lernprozess und fängt an bei alltäglichen Aspekten, wie etwa dem Respekt der Kleiderordnung im Gastland. Generell sollte Reisen eine respektvolle Interaktion zwischen Tourist*innen und Einheimischen darstellen. Das setzt voraus, dass sich Menschen schon vor der Reise mit dem Gastland auseinandersetzen. Reisen sollte idealerweise auch dazu beitragen, Einkommen für die lokale Bevölkerung zu schaffen. Es sollten Orte geschaffen werden, die gemeinsam genutzt werden von Reisenden und Einheimischen, um Begegnung zu ermöglichen.
Welches Verhalten besonders von weißen Touristen gefällt dir persönlich nicht?
Es ist nicht schön, wenn Reisende mit Vorurteilen kommen, wie zum Beispiel mit dem Gedanken, dass alle Menschen in Gambia arm sind. Oft folgt daraus eine unverantwortliche Wohltätigkeit, die manchmal Menschen in eine Abhängigkeit von Spenden und Charity-Organisationen bringen kann. Allgemein finde ich es schwierig, wenn Urlauber*innen die Ferien in Resorts verbringen und nicht bereit sind, das Land außerhalb der Hotelanlagen zu erkunden. Das Land hat so vieles zu bieten, da wäre es gut, von Einheimischen betriebene Unterkünfte, Restaurants und Touren zu nutzen. Dabei lernt man die Kultur viel besser kennen und hat Kontakt zu den Menschen im Land.
Ein ganz wichtiger Punkt für mich ist es auch, sich an Gepflogenheiten bei der Kleidung zu halten. Vor allem auf dem Land sollte man darauf achten und beim Betreten von Moscheen.
Tourismus hat viel mit visuellen Eindrücken zu tun, deshalb werden Urlaubsfotos gern auf sozialen Medien gepostet. Was empfehlt ihr den Reisenden in Gambia?
Auf Reisen werden überall auf der Welt immer gern Fotos gemacht – vor allem von den Menschen, das lässt sich nicht ganz verhindern. Wir raten Besucher*innen immer, eine Erlaubnis einzuholen, bevor sie Fotos von Menschen machen. Und noch wichtiger ist es, Menschen zu fragen, wenn Fotos veröffentlicht werden sollen. Ohne Genehmigung sollte nichts in sozialen Medien gepostet werden. Von Kindern sollten generell gar keine Fotos gemacht werden und auch an bestimmten Orten, wie Moscheen oder bei sehr persönlichen Handlungen sollten Tourist*innen auf Fotos verzichten. Jede Person kann selbst überlegen, wobei er*sie lieber nicht fotografiert werden möchte und sich dementsprechend auch den anderen Menschen gegenüber so verhalten.
Was sollten Menschen, die Gambia besuchen, über das Land wissen, um sich respektvoll gegenüber der gambischen Kultur zu verhalten? Gibt es in Gambia Gebote und Verbote?
In Gambia gibt es etwa zehn verschiedene indigene Kulturen mit einer eigenen Sprache und Kultur. Reisende sollten sich im Vorfeld mit der zu bereisenden Region beschäftigen. Es gibt aber auch einige allgemeine Verhaltenstipps zu Gambia, wie zum Beispiel:
- Begegne den Menschen mit Interesse und Respekt.
- Beginne kein Gespräch, ohne zu grüßen und zu fragen, wie es der anderen Person geht.
- Lerne einige Redewendungen in der Sprache der bereisten Region.
- Gib keine Geschenke/Süßigkeiten direkt an Kinder.
- Bringe keinen Alkohol bei Besuchen von Familien mit.
- Trage keine freizügige Kleidung.
Ansonsten bitten wir die Reisenden, auf ihren Ressourcenverbrauch zu achten und mit der Natur- und der Umwelt respektvoll umzugehen, zudem grundsätzlich längere Aufenthalte in Gambia zu planen und lokale Anbieter zu bevorzugen.
Interview Rita Trautmann